Analyse: Böblingen im ADFC Fahrradklimatest 2014

Der ADFC hat im Herbst 2014 einen aufwändigen Fahrradklimatest durchgeführt. Über 100.000 Freiwillige füllten einen Fragebogen mit über 20 einzelnen Punkten aus, um ihre Heimatstadt zu bewerten. Der letzte Test dieser Art wurde 2012 durchgeführt.
Erfreulich ist aus Böblinger Sicht, dass das Interesse am Fahrrad deutlich gestiegen ist. Es gaben diesmal 135 Radler ihre Stimme ab, etwas mehr als doppelt so viel wie 2012. Die Beteiligung war im Vergleich zu anderen Kommunen sogar recht hoch.

Böblingen rühmt sich bisweilen, Gründungsmitglied der sogenannten AGFK-BW – Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in BW – zu sein. Im Zuge dessen könnte man erwarten, dass sich die Situation der Fahrradfahrer in Böblingen langsam verbessert. Die Ergebnisse des Tests sprechen eine andere Sprache: Wurde Böblingen 2012 noch mit einer Durchschnittsnote von 4,07 bewertet, fiel dieser Wert 2014 auf 4,2. Böblingen belegte Platz 256 von 292 Gemeinden < 50.000 Einwohner in Deutschland. Innerhalb Baden-Württembergs belegen wir Platz 38 von 41. Hier haben wir die rote Laterne nur knapp vermieden. Mit einem Wort: Unterirdisch. Es gab nur drei Kategorien, wo Böblingen durchschnittlich oder etwas besser abschnitt, nämlich Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr, Fahrraddiebstahl und offene Einbahnstraßen in Gegenrichtung. Als besonders schlecht wurden die Kategorien Stress, zügiges Fahren und Hindernisse auf Fahrradwegen empfunden. Alle anderen Kategorien, wie z.B. Ampelschaltungen, waren ebenfalls durchweg unterdurchschnittlich. Ist diese ernüchternde Beurteilung gerechtfertigt? Fairerweise muss man anerkennen, dass Böblingen in der Tat an einigen Stellen Verbesserungen vorgenommen hat, in Einzelfällen sogar unerwartet mutig, wie zum Beispiel der beidseitige Radweg in der Karlstraße. Aber was fehlt, ist die eindeutige Bekenntnis zum Fahrrad an wichtigen Verkehrsknoten. Hierzu zählt der Elbenplatz mit seiner nicht vorhandenen Radverkehrsführung. Dazu zählt auch der neue Mercaden-Kreisel, der für Radler und Fußgänger eine schallende Ohrfeige darstellt. Die Herrenberger Straße mit dem einseitigen Radweg in beide Richtungen ist seit Jahren ein Dauerthema. Noch zu erwähnen die neuen Kurzzeitparkplätze an der Wolfgang-Brumme-Allee, die den Platz für einen dringend notwendigen Radweg okkupieren. Alles Entscheidungen pro Auto - gegen Radverkehr. Mittlerweile sind nicht mal mehr die Böblinger willens, diese Angebote anzunehmen.

Solange die Böblinger Kernfragen in punkto Radverkehr nicht überzeugend angegangen werden, wird die Bewertung bei zukünftigen ADFC-Umfragen schlecht ausfallen. Wie lange kann sich der Gemeinderat und mit ihm die Stadtverwaltung noch verschließen? Ich denke, die Zeit ist reif und ich bin vorsichtig optimistisch. Es gibt Anzeichen, dass die Radfahrer allmählich im Rathaus ernst genommen werden.

J.S.

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