Die Baustelle der Radbrücke hat hohe Wellen geschlagen, ich möchte sogar sagen, einen Tornado losgetreten. In den Diskussionsforen wurden viele Meinungen und Informationen ausgetauscht. Langsam kann man rekonstruieren, wie und was sich zugetragen hat. Zwei Alltagsweisheiten konnten – wie immer – bestätigt werden:
- Hinterher ist man immer schlauer
- Man muss die Sichtweise aller Beteiligten einnehmen
Die Baustelle benötigte eine Flächensperrung. Der RSW war nicht mehr vollständig frei und die Zufahrt musste sich mit Autofahrern geteilt werden.
Für die Befahrung der Panzerstraße gab es zwei Möglichkeiten: Mischverkehr, also Rad und Autoverkehr zusammen, oder nur Auto. Aus Sicherheitsgründen hat man sich gegen den Mischverkehr entschieden. Radfahrer sollten separat geführt werden. Das Ergebnis war eine Radumleitung über den Sandweg und eine Querung des RSW ungefähr auf der Höhe des Waldheims.

Mit Involvierung vieler – auch anders denkender – Beteiligter und Ämter hat die Verkehrsbehörde so entschieden. Man kann die Entscheidung verstehen, aber oft wird die Sicherheit als Argument vorgeschoben, um den Autoverkehr nicht zu stören. Wenn zum Beispiel eine enge Gasse mit Barken oder sonstigen Baustellenmarkierungen aufgestellt werden, ist der Autoverkehr automatisch langsam und ein Mischverkehr sollte kein Problem sein.
Ein ähnliches Argument ist auch immer bei der Böblinger AG Radverkehr zu hören – wir kennen das schon: aus Sicherheitsgründen, aus rechtlichen Gründen, aus optischen Gründen usw. Die Begründungen haben immer eins gemeinsam: der Radverkehr zieht den Kürzeren.
Diese Entscheidung führte zu einer geradezu grotesken Situation, dass der Radschnellweg nur für Autos erlaubt war. Paradox, ein Widerspruch in sich. Die Strecke bis zum Waldheim ist generell für den Autoverkehr freigegeben, der Kampfmittelräumdienst darf sogar den gesamten RSW benutzen.
Die Polizei empfahl gleichzeitig, die alte B14 zu nutzen, wenn man Schotterwege vermeiden will. Aha. Dieses Statement braucht man nicht weiter zu kommentieren.
Ok, diese Entscheidung war gefallen. Nun kommen wir zur Ausführung: was von allen Seiten zu hören war, ist, dass die Ausschilderung der Umleitungen mangelhaft war. Zum Beispiel von Thermalbad oder Krankenhaus kommend, war die Umleitung für „Schönaich“ ausgeschildert. Kein Wort von RSW oder Vaihingen oder Stuttgart. Wer nach Vaihingen möchte, fährt nicht über Schönaich.
Die Folge war, dass Radfahrer unsicher waren und erst mal wie gewohnt gefahren sind. Natürlich sind sie in den Baustellenbereich gekommen und stießen auf wenig Gegenliebe. Der Bauleiter, so war zu hören, wurde in der Vergangenheit privatrechtlich haftbar gemacht, weil Leute in eine seiner Baustellen eingedrungen sind. Um sich einer eventuellen Haftung zu entziehen, wusste er sich nicht anders zu helfen, als die Polizei zu Hilfe zu rufen. Ja, kann man verstehen, und ja, Radfahrer sind genauso wenig Engel wie alle Autofahrer Teufel sind.

Diese Aktion hat natürlich viele Radlerinnen und Radler erzürnt. Ihre Wut war sehr laut zu vernehmen. Sie sind Opfer einer liederlichen Beschilderung geworden, vielleicht auch ein bisschen Opfer ihres eigenen Unwillens, Umwege in Kauf zu nehmen. Wer weiß.
Das war jetzt eine Rekonstruktion des Geschehenen. Die Frage ist, hätte man es besser machen können? Folgende Punkte fallen mir dazu ein:
- Die Beschilderung war nicht gut. Bei einer solchen Maßnahme ist eine professionelle Beschilderung extrem wichtig, mit einer anschließenden Qualitätskontrolle. Hier müssen sich alle Verantwortlichen an die Nase fassen.
- Ebenfalls hätte man diese Baustelle und die genaue Umfahrung vorher in den sozialen Medien bekannt geben müssen. Es gibt einige einschlägige Foren – wie auch u.a. diese Seite. Kommunikation führt zu gegenseitigem Verständnis.
- Der eine oder andere Radfahrer wird sicher zugeben müssen, Schilder absichtlich nicht beachtet zu haben. Allerdings ist auch das generelle Vertrauen in Böblingens Beschilderung nicht vorhanden, was bei dieser Baustelle einmal mehr bestätigt wurde. Baustellen in Böblingen werden seit Jahr und Tag von der Radlerschaft kritisiert. Mein persönliches Fazit daher: Der echte Wille fehlt. Ob sie es könnten, weiß ich nicht. Das Ergebnis war jedenfalls fatal.


Straßensperrungen für bestimmte Verkehrsteilnehmer sind nach §45 StVO nur zulässig wenn die Gefahrenlage das
allgemeine Risiko erheblich übersteigt. Das Radfahren müsste dort also erheblich gefährlicher sein als auf der Alten B14 oder dem Postplatz, der Sindelfinger Str.... und der Schadenseintritt muss hinreichend Wahrscheinlich sein. Meiner Meinung nach sind beide Voraussetzungen nicht erfüllt und das Radfahrverbot ist rechtswidrig. Das Radfahrverbot wurde angeordnet um:
1.Autofahrern freie Fahrt zu ermöglichen ohne hinter langsameren Radfahrern herfahren zu müssen.
2.um sie auf die Umleitung zu zwingen, die extra eingerichtet wurde
3.weil die Entscheider wissen, dass das Radfahrverbot nicht gerichtlich überprüft werden wird und sie es daher anordnen können obwohl es rechtswidrig ist.