Leserbrief: Absurditäten im Alltag

Leserbrief aus der Kreizeitung vom 18.10.2014

Das Mercaden ist eröffnet, die Absperrungen sind weg, eine gute Gelegenheit, um mit dem Fahrrad zu erkunden, wie man jetzt vom Flugfeld über die Brumme-Allee zum Elbenplatz kommt.
Ich starte am Medicum und fahre vor zur Ampel. Dabei halte ich Ausschau nach Hinweisen für Radfahrer.
Das Einzige, was ich entdecken kann, ist jenes weiße Schild mit Fahrradsymbol, das mich berechtigt, auf dem Gehweg zu fahren. Allerdings steht es mitten in der Wiese.
Die Ampel ist rot, ich stehe ganz vorne und habe Zeit, mir die Verkehrsführung in der Wolfgang – Brumme – Allee anzuschauen. Drei Spuren, die Rechtsabbiegerspur ist Richtung Bahnhof weiterhin gesperrt.
Auf dem Gehweg kein Symbol, das mich berechtigen oder verpflichten würde, ihn zu nutzen. Also bleibt mir die Straße.
Ich fahre auf die mittlere Spur, und im Kreisverkehr gleich in die linke, da ich nicht in die Tiefgarage des Mercaden fahren möchte.
Irgendwo Hinweise für Radfahrer? Eine Verkehrsführung?
Halb durch den Kreisverkehr erkenne ich hinter der Tiefgaragenausfahrt das blaue Schild, das Fußgänger und Radfahrer verpflichtet, den Gehweg gemeinsam zu nutzen.
Hilfe, wie komme ich an den ausfahrenden Autos vorbei zum Radweg?
Ich suche eine Möglichkeit am Ende des Kreisverkehrs, muss dann aber zu meinem Erstaunen feststellen, dass hier die Nutzungspflicht für Radfahrer bereits wieder aufgehoben ist.
Zum Glück; der Gehweg zwischen den beiden Kreisverkehren eignet sich wirklich eher als Hindernisparcour denn als Radweg. Zumal das Ende an der Kreissparkassen – Baustelle immer noch plötzlich und ungelöst ist.
Also fahre ich weiter auf der Straße und frage mich zum wiederholten Mal, wann die Stadt Böblingen sich der Normativen Kraft des Faktischen beugt und hier Tempo 30 einrichtet.
Die Anlage der Straße bietet sich geradezu dafür an, und als Mitglied im Verband fahrradfreundlicher Städte wäre das die ideale Lösung der Verkehrsführung, da beim Rückbau der Brumme-Allee nun mal versäumt wurde, eine Fahrradspur anzulegen.
Ich frage mich, wann endlich in das Bewusstsein der Verkehrsplaner eindringt, dass das Fahrrad ein Fahrzeug mit eigener Geschwindigkeit und eigenem Verhalten ist.
Dass man keinen Frieden schafft, indem man Fahrräder, wie es gerade einfacher ist, zu den Fußgängern oder Autos sortiert.
Dass das Fahrrad mit durchschnittlich 20 – 25 km/h nur etwa halb so schnell ist wie ein Auto, aber vier bis fünf mal so schnell wie ein Fußgänger.
Wann wird sich mir die Logik dahinter eröffnen, an der Einfahrt zu einem verkehrsberuhigten Bereich ein „Vorfahrt Achten“- Schild für Radfahrer aufzustellen, damit die Radfahrer nicht unter die Räder der Autos kommen, die auf der Albabrücke doch nicht mehr als 7 km/h fahren dürfen und Rücksicht auf alle anderen Verkehrsteilnehmer nehmen müssen?
Wann endlich wird es ein Forum geben, in dem Fahrrad fahrende Bürger regelmäßig – und nicht nur dreimal im Jahr – ihre Anliegen vorbringen können, und gehört werden!
Wann fängt Böblingen an, den Beitritt zum Verband fahrradfreundlicher Städte nicht als Deckmantel zu nehmen, um den guten Willen zu bekunden?
Als dreifache Mutter Mitte Vierzig, die bei Regenwetter das Auto nimmt, bin ich sicher nicht das Abziehbild eines „Kampfradlers“.
Aber ich werde wohl weiterhin darum kämpfen müssen, das sein zu dürfen, was ich bin, nämlich ein gleichberechtigter Verkehrsteilnehmer – auf einem Fahrzeug. Nicht einem Schiebezeug.

Ursula E.

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